1864 wurde in Breitscheid das 25jährige Regierungsjubiläum des Herzogs auf besondere Weise gefeiert. Des Nachmittags begaben sich die drei Kirchspielsorte in einem Zuge, voran die Schulen mit der Vaterlandsfahne und einer von Breitscheid gemietheten Musikbande in den nahegelegenen Wald auf dem Wege nach Langenaubach. Auf dem Festplatze sangen die Kinder unter Musikbegleitung: "Heil unserm Herzog Heil!", sodann wurde vom Pfarrer eine Ansprache über die Bedeutung des Tages gehalten, welche mit einem dreifachen Hoch auf den Landesfürsten schloß. Dann führten die Kinder mancherlei Spiele auf, sangen noch verschiedene Lieder und wurden zu größter Freude für Alt und Jung mit Wecken und Kaffee gespeist. Die Kirche, Schule, das Gemeindehaus, sowie außerdem viele Privathäuser, sowie die Ortsstraßen waren festlich geschmückt." Auf dem freien Platz am Rathaus (wo sich jetzt die Badeanstalt befindet) war ein Tanzplatz errichtet. (Pfarrer Bickel in der Kirchenchronik.)
1866 hatte sich unser Herzog auf die Seite Österreichs gestellt. Da der Krieg Preußen den Sieg brachte, verlor er sein Land an Preußen; es bildet seitdem den Regierungsbezirk Wiesbaden. Am 20. September war das Gesetz über die Einverleibung Nassaus in Preußen erschienen, und am 11. November mußte auf höhere Anordnung in allen Kirchen Nassaus über den Text Ps. 68, 21 gepredigt werden. "Wir haben einen Gott, der da hilft, und den Herrn Herrn, der vom Tode errettet". Diejenigen Pfarrer, die während des Krieges Preußen auf der Kanzel bekämpft hatten, kamen in eine üble Lage, und das Volk war gespannt darauf, wie sie es nun "strack brächten", über diesen Text zu predigen. Eine Regierung sollte die Gewissen nicht in solchen Zwiespalt bringen. Pfarrer Wolff von hier hatte während des Krieges über Preußens Ländergier geschimpft, nachher aber schrieb er in der Kirchenchronik zu dem obigen Text: "Ja, der treue Herr Herr hat bis hierher geholfen, er wird auch ferner helfen". Das durfte nicht kommen! Geholfen? Der Landesherr war ja besiegt worden!
Der Krieg 1870/71 ist durch die ungeahnten Ausmaße des Weltkriegs nun ganz in den Hintergrund getreten, auch ist uns Elsaß - Lothringen wieder entrissen worden, aber eine Frucht dieses Krieges ist uns geblieben: Die Einigung der deutschen Stämme; die Gründung des deutschen Reiches. Die Namen der Breitscheider Krieger, die dafür geblutet haben, sollen hier eine Stätte finden. 18 waren im ganzen ausgezogen, 3 kehrten nicht wieder: 1) Wilhelm Paulus, vermißt seit der Schlacht bei Wörth, wahrscheinlich gefallen in derselben; 2) Reinhard Kurtz, gebürtig aus Schönbach, hierher verheiratet, verwundet bei Sedan, starb zu Erkelenz bei Aachen an der Auszehrung; 3) Alexander Reeh, fiel am 12. Januar 1871 bei la Croix. Als der hiesige Kriegerverein, gegründet 1874, im Jahre 1924 das 50jährige Jubiläum seines Bestehens feierte, wurden die Veteranen, Wilhelm Georg (Bürgermeister von 1909-1917), Rudolf Thielmann und Wilhelm Becker, genannt der "Pariser Becker", weil er den Einzug in Paris mitgemacht haben wollte, (*) in Begleitung des Kriegervereins auf Schlitten in die Kirche zum Festgottesdienst gefahren; eine besondere Feier fand dann noch am Kriegerdenkmal statt, wo der Ortsgeistliche Pfarrer Gaul, die Ansprache hielt. Das Sedanfest wurde bis zum Weltkrieg in den Schulen und Kriegervereinen gefeiert. Die Namen sämtlicher Kriegsteilnehmer aus dem Kirchspiel sind in unserer Kirchenchronik verzeichnet. Eine Gedenktafel hängt in der Kirche.
1871 hatte unser Dorf 121 Häuser und 677 Einwohner. "Am 14. August war nach einem Gewitter eine solche Wasserfluth, daß das Wasser 1 ½ Schuh hoch am Pfarrhause vorbeifloß und in wenig Augenblicken Kleingrubenloch angefüllt war und beinahe überfloß". (Kirchenchronik.)
*) Rud. Thielmann zog mit seiner Truppe in Paris ein.
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von Kornelia Pelz übersetzt
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