1934
- Der Staat ist nur das Volk, und das Volk ist nichts, wenn es keine Bauern besitzt. - Wer sich selbst verläßt, den verläßt Gott. - Das Schicksal erspart keinem, der tätig ist, Rückschläge. "Wir gehören nicht zu den Männern, die jemals ein Rückschlag oder ein Misserfolg irre oder gar schwach machen könnte. Immer wieder griffen wir von neuem an... Am Ende wird der zähe Wille und der harte Schädel den Erfolg erringen. - "Wenn Menschen ein richtiges Ziel ins Auge fassen und es dann unentwegt verfolgen und jede Prüfung mit starkem Herzen bestehen, dann wird ihnen am Ende eines Tages die allmächtige Vorsehung doch noch die Früchte ihres opfervollen Ringens geben. Denn Gott hat noch keinen auf dieser Welt verlassen, ehe er sich nicht selbst verlassen hat." (Starker, nicht endenwollender Beifall)
Mitte Oktober. Unser Pfarrer Blöcher. 14 Tage in Ferien in seiner Heimatstadt FM. Meine Mutter sagt: "Etz werd e' sich a(n)s holln!", nämlich ein Mädchen zur Frau. Die Verödung des Pfarrhauses liegt ihr schwer im Sinn. (Unser Pfarrer schläft und ißt in der Pension Krug in der Landstrut.) Das Volk erwartet es und darf es erwarten, daß ein Pfarrer, wenn er gesund ist, heiratet. Welcher Segen von einer tüchtigen Pfarrfrau ausgeht, das dürfen wir ja noch unter dem vorigen Pfarrer erfahren.
Ende Oktober. Durchs Dorf verbreitet sich die Nachricht, unserem Pfarrer sei das Gehalt gesperrt worden. Mein erster Gedanke ist: da sieht man doch, wie viel uns in den Zeitungen vorenthalten wird. Nach diesen meint man, es sei alles in guter Ordnung im lieben deutschen Vaterlande. Da ist solch eine Nachricht wie ein Blitz, der die Lage plötzlich erhellt. Die Bekenntnischristen versagen dem Reichsbischof die Gefolgschaft. Ein Pfarrer hat ihn sogar Lügen - Müller vor seiner Gemeinde genannt. Man darf auf den Ausgang der kirchenpolitischen Bewegung gespannt sein.
( 10. November. Es war nun doch nicht so schlimm: nach 2 Tagen wurde die Sperre wieder aufgehoben. Auch ist der Dekan Brand. weiter im Aufsichtsamt geblieben; es hieß, er sei als Dekan abgesetzt. Hitler soll bei der Unterredung mit den 3 abgesetzten Bischöfen gesagt haben, es täte ihm leid, daß der Reichsbischof die Einigung der evangelischen Kirche nicht erreicht habe, er wolle sich weiter nicht einmischen. Man hatte erwartet, daß Hitler den Reichsbischof Möller preisgebe, da dies aber nicht geschehen ist, dauert der Wirrwarr an.
- 15. November. Der Bruder unseres alten Dr. Schick, ein pensionierter Pfarrer von Laubach (O.H.), erzählt mir von einer Versammlung der hessischen Pfarrer in Gießen, der er beigewohnt habe. Der hessische Probst... sei mit Trampeln der Füße (Zeichen des Beifalls) von der Versammlung begrüßt worden; als nun während der Verhandlung der Landesbischof Dietrich von Wiesbaden plötzlich eingetreten sei, sei einmütig mit den Füßen gescharrt worden (Zeichen der Ablehnung, Misstrauenskundgebung). Aus einzelnen Äußerungen des Reichs- wie auch des Landesbischofs in der Kampfzeit gewinne ich den Eindruck, daß beide Herren ihre vielleicht hohe und erstrebenswerte Aufgabe - gelinde gesagt - ungeschickt angefangen haben. So in Glaubens- und Gewissenssachen vorzugehen, ist der denkbar schlechteste Weg. Dann wird der Kampf der Geister zu einer äußeren Verfolgung, und jede Verfolgung schafft Märtyrer und stärkt und festigt damit die Gegenseite. - 20. November. Und Märtyrer hats schon gegeben.
Am vergangenen Sonntag (18.) Abend fand hier eine große Kundgebung statt, wozu auch viele Medenbacher und Rabenscheider, wie auch Freikirchliche erschienen waren. Die Kirche war überfüllt und das Vereinshaus noch gut besetzt. Als Redner waren Pfarrer Rehlich aus dem Bezirk Münster und Pfarrer Schmidt - (Fdef). gewonnen worden; letzterer bleib aber aus, und für ihn war Pfarrer Wagner - Eibelshausen eingetreten. Beide Redner sprachen in de Kirche und im Vereinshaus. Pfarrer Rehlich erzählte von seinem Kampf; das Gehalt ist ihm schon über ½ Jahr gesperrt. Ich hörte ihn in der letzten Viertelstunde im Vereinshaus. Er sagte, der Grundirrtum der Reichskirchenregierung sei der, daß sie auf dem Standpunkt stehe, die äußere Ausrichtung der Kirche habe nichts mit dem Evangelium zu tun. (Alle Zuhörer, wenn sie sich nicht besonders bemühen, frei und selbständig in ihrem Denken zu bleiben, (drehen) unter der Beeinflussung des Redners und nehmen dessen Meinung auch an. Käme der Gegner hier zu Wort, so würde man auch ihm beipflichten, wenn er es verstände, den Sinn fürs Rechte und Gute in seinen Zuhörern zu wecken.)
F: Philippi: "´E´Pärrner ohne Fraa - es´ ´n Schauer ohne Haa.´ (Scheuer ohne Heu) E´Herzeleid im d´s Haus, de´Goarte unn de Mannskerl, doß dej Sach´lierig stiht ohne Fraa en Kenn. Ower ´s sei(n) Naturnsache." (aus "Der Wäller Kranz".)
(: Und vor allem auch der "(Rochtswaltär Jäger)
seite-329 - seite-331
von Kornelia Pelz übersetzt
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