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Aufklärung dunkler Ausdrücke in der Breitscheider Mundart.
angesehen wird. Ob diese Wörter von "Gott" abzuleiten sind, ist ungewiß. Nach der englischen Be =
zeichnung für "Gote" bedeutet das Wort "Großmutter", die geistliche Mutter; die Mutter in Gott. Jedenfalls deuten die Namen Pate und Gote auf den hohen Beruf hin, den die Taufzeugen haben, den auch die Breitscheider Pfarrer des 17. Jahrhunderts zum Ausdruck brachten, indem sie die Gevattern im Taufbuch COMPATER (Mitvater) und COMMATER (Mitmutter) nannten.
"Ich sei' erfährt" hört man noch ab und zu für, "ich bin erschrocken".Das Wort kommt von "fahren";
der Erschrockene fährt zusammen, fährt auf. Auch das hochdeutsche "sich entsetzen" bedeutet eigent=
lich "vor Schreck von seinem Sitze auffahren"; ebenso hängt"Heuschrecke" mit fahren zusammen; der
Heuhüpfer fährt oder springt in die Höhe.
Das Wort schroh (geschlossenes o, in Gusternhain offenes o) ist in verschiedenen Formen sehr weit
verbreitet u. bedeutet "garstig, hässlich". Die Grundbedeutung soll "mager" sein; alles Magere ist ja meist auch unschön. Um 1500 schreibt Graf Johann V. in seinem Testament, er habe das Kloster
Kappel nur in einer "arme" schraue Art bauen können. Es ist etwas reutergar, das heißt halbgar, noch
nicht gar. Das Heu wird als "reutergar" bezeichnet, wenn es noch nicht ganz dürr ist. Wahrscheinlich
ist das "Reuter" hier die alte Form von "Reiter". In Notzeiten, wo die Reiter keine Gelegenheit
hatten, das Fleisch zu kochen, legten sie es auf den Sattel und ritten es weich; so wird es z.B. von
den Hunnen berichtet. In dieser Geflogenheit haben wir wohl die Erklärung für unser Wort zu suchen.
Har (Zuruf an das Zugvieh, wenn es zu dem Führer kommen soll) ist das Wort "her". Die süd =
deutschen Mundarten haben für "her" immer "har", die unsrige nur in diesem Falle, daher ist sich kaum ein Bauer bewusst, dass har "her" bedeutet.- hott oder hoit wird dem Zugvieh zugerufen,
wenn es rechts, also vom Führer weggehen soll, dieser Ruf gilt aber auch als bloße Aufmunterung
zum Vorwärtsgehen. Kehrein bringt das sonst nicht gebräuchliche Zeitwort, "hotten" im Sinne von
" schnell vorwärts gehen"; unser mundartliches sich hottern bedeutet auch, "vorwärts kommen",
nämlich "wieder besser werden"; das kranke Huhn hottert sich wieder. Ob hier Zusammenhänge
bestehen, lässt sich nur vermuten. - Hü !, Zuruf ans Zugvieh, wenn's stehen bleiben soll, heißt "Huf"
der Huf soll stehen, deutlicher zu erkennen in " Hu zurück"! = Huf zurück !
Die Kuh ist gest (kurzes geschlossenes e ), wenn sie ein Jahr oder mehrere nicht gekalbt hat, also
wenig ergiebig an Milch ist. Die "Gest" bezeichnet im Norden Deutschlands das trockene, unfrucht =
bare Land. Unschwer lässt sich nach Form und Begriffsinhalt dieser Wörter ein nahes verwandt =
schaftliches Verhältnis dieser Wörter erkennen. ( 1572 beim Bauen an der Festung Dillenburg, musste ein Wagen aus den Oberwesterwälder Kirchspielen mit "vier guten, güsten Pferden" bespannt sein.)
Volkstümliche Tier - und Pflanzennamen.
Der mundartliche Ausdruck Moltrof oder Molterof ist nicht etwa eine Verunstaltung des
hochdeutschen Wortes "Maulwurf", im Gegenteil: letzteres ist aus ersterem entstanden; weil
das alte "Moltwerf" oder Moltwurf" nicht mehr verstanden wurde, hat man ganz willkürlich und
sinnlos "Maulwurf" daraus gebildet. So bewahrt unser mundartliches "Moltrof" in seinem ersten
Teile getreu die ursprüngliche u. richtige Form des Wortes u. hilft uns dadurch auch seinen Sinn
erfassen; denn "Molte", althochdeutsch m o l t a , bedeutet Staub, feine zerriebene Erde, und der
Moltrof ist der Moltwerfer, der die Molte Aufwerfende. In der Mühle begegnet uns der Molter.
Es ist der Teil des gemahlenen Getreides, den der Müller von der gelieferten Frucht als Lohn fürs
Mahlen für sich zurückhält.
Gemeinde Chronik, Seite 403 von R.K. - Übertragen durch Hans Henn
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