1536
"Es haben auch seyn (des Landgrafen) bevelehaber mynen armen luden (Bauern) das ire genommen und drauwen (drohen) noch degesch (täglich) meher zu thun... Derhalben ich dan zu imb geschickt, ... das (daß) syn g. (...n) jemants dorzu zu geben und dey sachen horen zu lassen, aber myr ist nichs fruchtbarlichs geantwort.... Nympt und haltet myr das myn (Meine) also gewaltig vor sonder alle ursach, daruß e.l. (Euer Liebden) wol werden kennen, was syn vornemen sy". Der erste Punkt unserer neuen Akten (H 797) bestätigt den Inhalt dieses Briefes. 150 Stück Vieh waren den Breitscheider Bauern auf den strittigen Weideplätzen weggenommen worden! Als nun in diesem Frühjahr (1536) unser Graf wegen dieser Pfändung seinen "Rat vnd dhiner Johan Knebel" nach Marburg schickte, hat er zwar "nit meher dan eynnen Monat stilstant (Hinausschiebung der Einlösung der Pfänder) der anderhalbhundert abgepfants Rintfehes erhalten", aber der Landgraf von Hessen versprach nun doch zu verordnen, die Irrung zu besichtigen. Nassau hatte schon lange den Wunsch, um wieder ein nachbarliches Verhältnis mit den Grenzdörfern zu haben, die Irrungen gütlich beseitigt zu sehen. Es hat oft bei Hessen hierfür ansuchen lassen, die Ältesten von beiden Teilen, so der Sach Wissen hätten, wie sich's gebührt, kundschaftsweis zu verhören, das alte Herkommen und jedes (Teiles) Gerechtigkeit zu erkünden, und darauf, wo jeder Teil bleiben soll, zu bescheiden. So kam es endlich zu einer großen Verhandlung an Ort und Stelle (in der Aspenstrut) zwischen dem Habichtsbaum und dem Dutstein (irgendwo zwischen der Windlück und dem Rabenscheider Bach). Das Protokoll darüber, von unserem Sekretär Ott, findet sich in Abschrift in H 797, Blatt 2-6. Es kann in seinem ganzen Umfang hier nicht Raum finden, besonders auch nicht in der alten Sprache, denn mancher Satzbau darin würde nicht verstanden werden. Immerhin soll es in der Hauptsache doch gebracht werden und auch die alte Sprache, soweit sie verständlich ist, beibehalten werden. Das Protokoll enthält kein Komma, nur Punkte.
Es war auf Montag, den 8. Mai (auf Montag nach Inventionis crucis = Auffindung des Kreuzes Christi, welcher Tag auf den 3. Mai fiel). Von hessischer Seite waren u. a. erschienen der Statthalter von Marburg und der Kanzler Feige, in dem Protokoll "Vyhe" geschrieben. Von Nassauischer Wegen: Carsilius von Palant, Christottel Haen, der Rentenmeister Heckmann, der Kanzler Jak. Ott und andere. Dem Herkommen nach eröffnete Ott die Verhandlungen und protestierte "vor allem vmbstandt (*) wider den getanen vermeinten Gang der Hessen und sagt dann: "und ob sie auch weiter vorgehen würden, dafür ich doch gebeten wollt haben, soviel und fern derselbige den Nassauischen zum Schaden gereicht, darin nit zugehellen (d.h. nicht einzuwilligen), sie sollen ihr vermeintes recht ordentlich nachweisen. - "Vff das der Hessische Cantzler redt". Sie wären nicht da von seines gnädigen Herrn wegen, jemanden das Seine zu nehmen oder ihn im hergebrachten Gebrauch desselben zu hindern, sondern allein, um ihres gnädigen Herrn und der Seinen Recht zu erkunden. Die von Rabenscheid und Gusternhain hätten ihnen berichtet, daß sich doch, wiewohl in "lang verrückten Zeiten in dem spennigen betzirck" ein Gang getan worden, wie fern und weit jedes Herrn Gerechtigkeit sich erstrecken sollte, "volgender Zeit die Hern allerseitz eigner person" eines Mittelgangs vertragen, "vnd das ein Instrument außweißt". "Die ort werden benant. Nemblich auff der Ra-
*) d.h. vor den um ihn herumstehenden Männern; wir sehen hier noch das Wort "Umstand" oder Umstände noch in der ursprünglichen Bedeutung angewandt: was um die Sache herumsteht.
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von Kornelia Pelz übersetzt
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